Schiedsrichter bei Mannschaftswettkämpfen
1. Allgemein
Tennis wird in den unteren Klassen bis zur
Verbandsebene faktisch ohne Schiedsrichter gespielt. Im Hessischen
Tennisverband HTV (§ 41 WO) ist das sogar festgeschrieben, während der
Tennisverband Niedersachsen-Bremen TNB (§ 19 WO) den Einsatz von
Schiedsrichtern unverbindlich fordert.
HTV: Die Wettkämpfe im Mannschaftswettbewerb
werden ohne Schiedsrichter durchgeführt.
TNB: Alle Mannschaftswettkämpfe sollen mit
Schiedsrichtern durchgeführt werden. Der Gast hat das Recht, bis zu 4
Schiedsrichter zu stellen.
In der Praxis habe ich aber auch im TNB-Bereich noch
nicht erlebt, dass zu Beginn eines Mannschaftswettkampfes Schiedsrichter
eingesetzt wurden. Der Schiedsrichtereinsatz ist nach § 19 WO auch
nicht zwingend durchzusetzen.
Es ist jedoch falsch zu sagen, dass völlig ohne
Schiedsrichter gespielt wird, denn im Tennis gibt es
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Schiedsrichterinstanzen:
- Stuhlschiedsrichter
- Oberschiedsrichter (OSR).
Dabei ist der Stuhlschiedsrichter der eigentliche Schiedsrichter auf dem
Platz (und erscheint auch unter dieser Bezeichnung in den WO), der das
Spiel leitet, während der Oberschiedsrichter mehr Aufsichts- und
Kontrollfunktionen hat. Oberschiedsrichter und Schiedsrichter dürfen nicht
die gleiche Person sein (§ 17 Nr. 2 WO). Der Oberschiedsrichter
(Mindestalter 18 Jahre) ist für jedes Tennismatch von der Kreisklasse bis
zur Bundesliga, zwingend vorgeschrieben und übernimmt beim Spiel ohne
Stuhlschiedsrichter einige von dessen Aufgaben.
Bei gemischten Anlagen (Hartplatz und Sand) und ranggleichen Mannschaften
regelt der OSR durch Los, welche Mannschaft welchen Belag nutzt.
Der OSR entscheidet über die Spielabsage bei schlechter Witterung – unter
Beachtung der vorgeschriebenen Wartezeiten.
Alle Mannschaftsspiele werden durch einen OSR geleitet.
Regelt die Anwesenheitspflicht des OSR während des Wettkampfes. Der OSR
darf kein Spieler sein, kein Betreuer oder Schiedsrichter. Er ist vor
Spielbeginn namentlich vorzustellen.
Vor
Wettkampfbeginn führt der OSR eine Mannschaftsführerbesprechung durch. Er
klärt und entscheidet ggf. alle Wettkampffragen (z.B. 3. Satz als Tiebreak
oder ausspielen)
5. Der OSR nimmt die Aufgaben nach § 50 der
Wettspielordnung des DTB (WO-DTB) wahr:
5.1 Prüfung der Spielberechtigungen anhand der Mannschaftsmeldungen (Identität feststellen).
5.2 Prüfung der Mannschaftsaufstellungen und der Anwesenheit der Spieler
5.3 Er trifft sämtliche erforderliche Anordnungen und Entscheidungen für
die Durchführung der Mannschaftswettkämpfe. Die Entscheidungen sind
endgültig. Später Einspruch möglich.
5.5 Verfügt er über eine OSR-Lizenz, kann er auch den DTB-Verhaltenskodex
anwenden.
6. Auswechslung des OSR möglich nach Unterbrechung und Fortsetzung an
anderem Tag.
7. Bei Spielen ohne Schiedsrichter nimmt OSR dessen Rechte bezüglich der
Unterbrechungen und pünktlichen Wiederaufnahme nach erlaubten Pausen wahr.
§ 18 Nr. 1 WO
1. Der OSR trägt die Einzelspieler in den Spielberichtsbogen ein (Übergabe
der Mannschaftsmeldung bis 15 Min. vor Spielbeginn und legt die
Mannschaftsaufstellung offen. Gespielt wird auch bei fehlendem
Mannschaftsmeldeformular (Vermerk Spielberichtsbogen). MF eintragen. MF
ist Ansprechpartner (§ 20)
2. Doppel entsprechend bis 15 Min. nach Beendigung der Einzel. Doppel
beginnen spätestens 15 Minuten nach Abgabe der Aufstellung, es sei denn,
Mannschaftsführer und OSR einigen sich auf eine andere Regelung.
Der OSR vermerkt bis zu 30-minütige Verspätungen einer Mannschaft im
Spielbericht.
Er bereitet den Spielbericht auf dem vorgeschriebenen Formular vor dem
Wettkampf vor und unterschreibt den Spielbericht nach Ende bzw. nach
Abbruch des Wettkampfes
3. Spiel ohne Schiedsrichter
Beim Spiel ohne Schiedsrichter sind folgende Richtlinien zu beachten:
1.
Jeder Spieler ist für Tatsachenentscheidungen auf seiner Seite zuständig.
Anmerkung: Diese Regelung ist vernünftig, da sie endlose Diskussionen
darüber unterbindet, ob ein Ball noch gut oder aus ist. Sie führt aber
auch dazu, dass bestimmte Fehler nicht geahndet werden, weil sie nicht
nachweisbar sind und/oder auf der Seite des Spielers entstehen, der für
den Fehler verantwortlich ist Dazu gehören z.B. Fußfehler, Netzberührungen
u.a.
Zu trennen davon sind Regelfragen, die die Spieler durch den OSR
entscheiden lassen können.
2.
Alle „Aus“- oder „Fehler“-Rufe müssen unmittelbar erfolgen, nachdem der
Ball aufgesprungen ist, und zwar so laut, dass der Gegner es hören kann.
Anmerkung: spielt ein Spieler einen Ball zurück, kann er sich spätestens
nach dem nächsten Schlag des Gegners nicht mehr auf ein mögliches Aus berufen.
3.
Im Zweifelsfall muss der Spieler zugunsten seines Gegners entscheiden.
4.
Ruft ein Spieler irrtümlich einen Ball »aus« und bemerkt dann, dass der
Ball gut war, wird der Punkt wiederholt, es sei denn, dass es sich um
einen Schlag zum Punktgewinn gehandelt hat. (Der Gegner erhält dann
automatisch den Punkt!)
Anmerkung: Diese Regel bedeutet praktisch, dass eine Wiederholung nur dann
erfolgt, wenn der Spieler den von ihm fälschlich „Aus“ – gegebenen Ball
trotz „Aus“-Rufens im Spiel gehalten hat.
5.
Der Aufschläger soll vor jedem ersten Aufschlag den Punktestand deutlich
hörbar für seinen Gegner ansagen.
6.
Der Ballabdruck kann nach dem Schlag zum Punktgewinn oder, wenn das Spiel
unterbrochen ist, kontrolliert werden (ein Reflex-Rückschlag ist erlaubt).
Anmerkung: Der Reflex-Rückschlag (speziell beim Aufschlag) steht also
nicht im Widerspruch zu Nr. 2. Er ist ja sogar Voraussetzung für eine
Wiederholung nach Nr. 4
7.
Zweifelt ein Spieler die Entscheidung seines Gegners an, darf er ihn
bitten, ihm den Ballabdruck zu zeigen. Um den Ballabdruck anzuschauen,
darf er die Spielhälfte des Gegners betreten.
Anmerkung: Der Spieler ist also nicht absolut der Entscheidung des Gegners
ausgeliefert und kann u.U. über die Feststellung des Abdrucks den Gegner
dazu bewegen, dessen – falsche - Entscheidung zu revidieren. In Verbindung
mit Nr. 8 und 9 sind die Chancen dafür gar nicht so schlecht.
8.
Verwischt ein Spieler den Ballabdruck, erhält sein Gegner den Punkt.
Anmerkung: „Aus“ rufen und gleich darauf den Ballabdruck verwischen, geht
also gar nicht. Es hat sich im Gegenteil eingebürgert, dass der Spieler
durch das Verwischen deutlich macht, dass er den Ball gut gibt.
9.
Gibt es Meinungsverschiedenheiten über den Ballabdruck, kann der OSR
gerufen werden. Dieser trifft eine endgültige Entscheidung.
Anmerkung: Diese Regel ist das stärkste Instrument, das ein Spieler hat,
um eine falsche Entscheidung seines Gegenspielers zu ändern. Sie macht
natürlich nur Sinn i.V.m. Nr. 8. Allerdings ist auch der OSR machtlos,
wenn der Gegenspieler einen falschen Ballabdruck zeigt. In diesem Falle,
wenn dieser Abdruck nicht völlig abwegig ist, kann sich der Gegenspieler
auf eine Tatsachenentscheidung berufen, für die er entscheiden darf.
10.
Ruft der Spieler fälschlicherweise einen Ball »aus« und stellt dann fest,
dass der Ball gut war, verliert er den Punkt.
Anmerkung: Diese Regelung ist meines Erachtens ein Widerspruch zu Nr. 4,
wo klar gesagt wird, dass der Punkt nur dann verloren ist, wenn es sich um
einen Schlag zum Punktgewinn handelte.
11.
Spieler, die diese Verfahrensweisen nicht fair einhalten, werden wegen
Behinderung oder unsportlichen Verhaltens nach dem Verhaltenskodex
bestraft.
Anmerkung: Diese Regelung gilt gem. § 17 Nr. 5.5 WO nur, wenn der OSR über
eine OSR-Lizenz verfügt.
12.
Alle Fragen zu diesen Verfahrensweisen sollten dem OSR gestellt werden.